Die Studienergebnisse haben uns schwer beschäftigt: Mehr als 80 % der Arbeitnehmer:innen in Deutschland machen „Dienst nach Vorschrift“ oder haben innerlich bereits gekündigt. Lediglich 17 % fühlen sich an den Arbeitnehmer emotional gebunden. Die bekannte Studie des Beratungshauses Gallup hatte meinen Partner Glenn und mich bereits vor Jahren zum Nachdenken gebracht. Zumal die Zahlen seit Jahren immer ähnlich ausfallen.
Die Qualität unserer Arbeit bestimmt maßgeblich auch die Qualität unseres Lebens! In den vergangenen Jahren haben wir daher alle Mitarbeitenden mehr und mehr mit einbezogen, haben sie in die Entwicklung des Unternehmens involviert und gemeinsam an Werten, an Mission und Vision gearbeitet, ebenso wie an Organisation und Prozessen sowie der Positionierung von MOSAIQ. In gleichem Maße haben wir das auch bei unserer Schwesteragentur Funntastic gemeinschaftlich entwickelt.
Unser Weg zum selbstorganisierten Unternehmen
1. DIE GRUNDSATZENTSCHEIDUNG
Die allermeisten Unternehmen werden auch heute noch hierarchisch geführt. Das heißt, Entscheidungen werden „oben“ getroffen und an die Mitarbeitenden zur Umsetzung kommuniziert. Diesen Ansatz zu ändern und den Mitarbeitenden Freiraum für die Mitbestimmung einzuräumen, ist weitreichend und unserer Erfahrung nach auch unumkehrbar. In unserem Fall war und ist es ein Herzensprojekt und daher gab es keinen Moment, an dem wir ins Zweifeln kamen. Ist die Entscheidung daher getrieben weil man modern und agil erscheinen möchte, und ist die Unternehmensführung nicht bereit, Entscheidungsmacht tatsächlich abzugeben, wird der Prozess mit Sicherheit scheitern. Die Folge: viel Frustration im gesamten Unternehmen und ein toxisches Klima.
2. Haltung & Menschenbild
Die Organisation hin zu mehr eigenverantwortlichem Arbeiten zu entwickeln kann unterschiedliche Gründe haben, bspw. um schlanker, agiler und schneller zu werden. Auch um als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Für uns trifft das sicher auch zu. Der Beweggrund und die Basis für den Wandel sind jedoch viel mehr unsere Haltung und unser Menschenbild: Gleichberechtigung, Mitbestimmung, partnerschaftliches Arbeiten und Wertschätzung sind bei uns intrinsisch motiviert und erfordern in der Folge eine grundlegend andere Form von Führung und Zusammenarbeit.
Selbstorganisation ist in Mode und kommt oft durch den Wunsch zu mehr Agilität. Das ist aber ein Business-Ziel. Für uns hat es jedoch vorrangig mit Haltung und Menschenbild zu tun.
3. Grundgedanke: immer aus dem Team heraus
In unserer Rolle als Geschäftsführer sind wir früher mit Optimierungen meist so vorgegangen, dass wir bspw. durch Zahlen aus dem Controlling, durch Projektauswertungen oder auch Kundenfeedbacks Themen definiert haben, die wir als Unternehmen angehen müssen; bspw. die bessere und enger abgestimmte Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Teams im Unternehmen. Daraus haben wir dann unsererseits Lösungen definiert und dem Team vorgegeben. Das entspricht auch dem allgemein gelebten Führungsstil.
Beim selbstorganisierten Arbeiten verändert sich das Verhalten jedoch: Geschäftsführer dürfen und sollen wie alle Mitarbeitenden Impulse und Verbesserungen anstoßen. Bei der Lösungsfindung ist jedoch immer das Team gefragt, das bei den allermeisten Themen eigenständig Optimierungsansätze erarbeitet. Um beim Beispiel der Zusammenarbeit unserer Units zu bleiben: wir haben daraus das „Unit-Unit-Meeting“ entwickelt. Alle vier Monate setzt sich jede Unit mit jeder anderen Unit zusammen; es wird gegenseitig Feedback gegeben, was gut und was nicht gut läuft. Und es wird im Team gemeinsam beschlossen, wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann. Wir Geschäftsführer halten uns da komplett raus. Es ist gleichermaßen ein Recht wie auch Pflicht der Teams das eigenständig zu machen.
Die erste Probe aufs Exempel war direkt auch die erste relevante Entscheidung, die als Team getroffen werden sollte: wie gehen wir künftig, nach Corona, langfristig mit dem Thema Homeoffice um. Das Team hat sich nach gemeinsamer Beratung und Abwägung der Pros und Contras einstimmig für (mindestens) einen Bürotag pro Woche entschieden. Ausnahmen bei weiter Anfahrt oder beim temporären Arbeiten im Ausland o.ä., sind möglich. Der Wochentag ist frei wählbar, mehr als ein Tag geht immer. Der Tag im Büro sollte dabei vermehrt für Abstimmungstermine, Brainstormings und Socializing genutzt werden.
Wir Geschäftsführer hätten die Anzahl der Bürotage anders entschieden, haben aber die Team-Entscheidung zu 100 % angenommen und sehen sie mehr und mehr als richtig an.
4. VOM GESCHÄFTSFÜHRER ZUM DIENER?
Zugegeben, die Formulierung ist überspitzt und zunächst sicher missverständlich. Aber wenn sich das Diagramm von der hierarchischen Form in eine Kreisorganisation ändert, gibt es (eigentlich) kein oben und kein unten. Und wenn man „dienen“ interpretiert im Sinne von „in den Dienst stellen“, dann trifft es den Kern.
Der Geschäftsführer stellt sich in den Dienst des gesamten Unternehmens, wie übrigens jeder und jede sich in den Dienst des Teams und des gesamten Unternehmens stellt. Jede:r eben auf unterschiedliche Weise und der eigenen Rolle entsprechend.
5. SelbstorganIsiert heißt nicht führungslos – im Gegenteil
Eine zentrale Erkenntnis, die uns im Laufe der Veränderung immer klarer wurde ist, dass selbstorganisiert keineswegs führungslos heißt. Ganz im Gegenteil. Wir haben gemeinsam Strukturen und Prozesse entwickelt und damit definiert, wie wir im Unternehmen zusammenarbeiten (und diese Regeln gelten ausnahmslos für alle, auch wir Geschäftsführer müssen uns daranhalten – und bekommen es direkt zurück gespiegelt, wenn wir das mal nicht tun ?).
Mit regelmäßigen Meetings fördern wir den Austausch und die Kommunikation, dazu kommen dauerhafte und temporäre Entscheidungsgruppen für verschiedenste Themen. So gibt es ein dauerhaftes Team für Marketing und Sales, für Innovationen oder für das Feel-Good-Management. Ein temporäres Team kommt zusammen, wenn eine neue Stelle besetzt wird und sich ein Team findet, das Auswahl und Entscheidung dafür übernimmt.
6. Vertrauen ist die gemeinsame Basis
Eine Grundvoraussetzung für die Selbstorganisation ist gegenseitiges Vertrauen. Aus Sicht der Geschäftsführer geht es darum, Vertrauen im Sinne von Loslassen zu haben. Wir als Geschäftsführer müssen Vertrauen haben, dass das Team gute Antworten und Lösungen findet, auch wenn wir nicht maßgeblich involviert sind. Wir müssen loslassen und Verantwortung abgeben.
Vertrauen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen heißt auf der anderen Seite, durch positive Erlebnisse die Sicherheit zu gewinnen, auch kritische Themen gegenüber Vorgesetzten offen ansprechen zu können. Doch das ist bislang in vielen eher hierarchisch geführten Unternehmen undenkbar. Es wird als anmaßend gewertet, allzu oft werden Feedbacks auch schnell persönlich genommen und der Feedbackgeber muss ggf. negative Folgen für sich als Person in Kauf nehmen. Auch das ist also eine Kernaufgabe bei der Selbstorganisation: ein Umfeld zu schaffen, in dem sich die Menschen trauen, ehrlich Feedback zu geben.
Wichtig und unabhängig von der jeweiligen Rolle oder Position: ein wertschätzender Umgang und Feedback immer an der Sache orientieren, nie an der Person. Kurz gesagt: Respekt vor der Person, nicht vor der Position.
7. Wandel größer als vermutet, Veränderung besser als erhofft
Bevor wir uns auf den Weg gemacht und die Selbstorganisation und Mitbestimmung vorangetrieben und im Rahmen einer gemeinsamen Organisationsentwicklung auf den Weg gebracht haben, waren unsererseits natürlich auch Fragezeichen vorhanden. Möchte das Team überhaupt mehr Verantwortung und Mitsprache? Ist das Team und jede:r einzelne:r Mitarbeiter:in überhaupt „bereit“ dazu und „reif“ genug? Erleben wir als GFs eventuell einen unangemessenen Kontrollverlust?
Um es direkt zu sagen: keine der Sorgen hat sich bestätigt. Im Gegenteil: das Team hat in seiner Gesamtheit die Challenge herausragend angenommen und gemeistert. Heute können wir sagen, die Auswirkung und Veränderung des Wandels sind größer als vermutet, die positive Veränderung besser als von uns erhofft.
8. Die Grenzen der Mitbestimmung
Selbstverständlich hat auch die Mitbestimmung gewisse Grenzen. Rechtlich beispielsweise, weil wir uns als Unternehmen innerhalb von geltenden Gesetzen und Vorgaben bewegen müssen. Aber auch im Sinne des Unternehmens, wenn es existentiell werden könnte. Wir orientieren uns dabei an dem Modell "One-Way-Door- und Two-Way-Door-Entscheidungen". Ließe sich eine Entscheidung wieder rückgängig machen? Dann ist es eine „Two-Way-Door“ und das Team entscheidet eigenständig. Wäre eine Entscheidung nicht zu korrigieren, selbst wenn sie sich als die falsch rausstellen sollte, ist es eine „One-Way-Door“, und wir als Geschäftsführer und Unternehmer müssen involviert sein.
Mit dem Prinzip der One-Way-Door- und Two-Way-Door-Entscheidungen haben wir uns an Amazon orientiert.
9. Beziehungsarbeit: Nach dem Feedback ist vor dem Feedback
Den offiziellen Veränderungsprozess hin zu Eigenverantwortung und Mitbestimmung haben wir zwar schon vor einer Weile erfolgreich abgeschlossen. Aber wie in allen Organisationen ist es ein dauerhafter kontinuierlicher Verbesserungsprozess und Arbeitsqualität, Prozesse und Zusammenarbeit müssen immer und immer wieder nachjustiert werden. Unsere institutionalisierten Unit-Unit-Meetings (siehe 3.) helfen den Teams bspw. dabei, kontinuierlich im Gespräch zu bleiben und sich mind. alle vier Monate gegenseitig Feedback zur Zusammenarbeit von Unit zu Unit geben zu können und daraus abgeleitet gemeinsam Optimierungen zu erarbeiten.
Ebenso wichtig ist der menschliche Aspekt. Vertrauen muss immer wieder neu bewiesen und gegeben werden. Auch im Unternehmen und den Teams (und selbstverständlich auch zu unseren Kunden hin) geht es viel um Beziehungsarbeit, die Offenheit, Ehrlichkeit und manchmal auch Mut erfordert.
Unser Fazit
Insbesondere in den Jahren 2020 bis 2022 haben wir einen grundsätzlichen, strukturellen Wandel durchlebt. Die neue Organisation steht nun tatsächlich für selbstorganisiertes Arbeiten und Mitbestimmung durch das gesamte Team.
Und heute dürfen wir mit anderem Blick auf die Gallup-Umfrage schauen: bei MOSAIQ machen nicht 80 % Dienst nach Vorschrift oder haben gar innerlich gekündigt. Es ist ziemlich genau umgekehrt: Laut Umfrage unter allen Mitarbeitenden im Jahr 2022 arbeiten fast 90 % der Mitarbeitenden gerne oder sehr gerne beim Team MOSAIQ.
Unsere neu erarbeitete Positionierung „Growing your Business, together“ ist dafür ein Sinnbild und daher so unglaublich passend für MOSAIQ. Zum einen, weil die Grunderkenntnis dafür nicht von „den Chefs“ kam, sondern aus dem Team heraus entstanden ist. Zum anderen, weil es den Kern trifft, um den es uns allen geht: Einen gemeinsamen Wachstums- und Entwicklungsprozess zu nehmen, in vielerlei Hinsicht. Neben Wachstum in Form von fachlichem und persönlichem Wachstum, von Arbeitsqualität, Zusammenarbeit und Zufriedenheit geht es insbesondere auch darum, wofür MOSAIQ überhaupt gegründet wurde: Für unsere Kunden dauerhaft für stabiles Wachstum, Wirtschaftlichkeit und digitalen Erfolg zu sorgen. Gemeinsam als Team, gemeinsam mit unseren Kunden.